Wie oft haben Sie heute das Fragezeichen genutzt?
Von den vier Qualitätsstufen der Kommunikation
Kaum jemand porträtiert missglücke Kommunikation so gut wie Loriot, oder?
„Kommunikationsgestörte interessieren mich am allermeisten. Alles, was ich als komisch empfinde, entsteht aus der zerbröselten Kommunikation, aus dem Aneinander-vorbei-Reden.“ (1988)
In der Arbeitswelt ist schlechte Kommunikation für die Beteiligten oft wenig witzig. Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern begegnen da häufig dem Monolog: Führungskräften, die sich am liebsten selbst zuhören. Oder anders: Menschen, die Downloading betreiben.
Das Ziel beim Downloading ist nicht der Austausch wichtiger Ideen, Informationen oder die Co-Kreation. Nein, in der Regel besteht beim Sender gar kein Interesse andere Stimmen zu hören, sondern lediglich das Bedürfnis an der Selbstbestätigung und dem „Abladen des einem selbst Bekannten“. Wenn wir monologisieren, bestätigen wir uns selbst, was wir schon wissen. Wir nehmen keinen Kontakt zu unserem Gegenüber auf und durch diese Art der Kommunikation entsteht nichts Neues.
Nach Otto Scharmer (2020) ist das Downloading die niedrigste Stufe des Zuhörens und der Kommunikation. Leider ist sie weit verbreitet, insbesondere auf höherer Führungsebene. Fallen Ihnen Personen ein, die dieses Downloading praktizieren und mit jedem neuen Gespräch perfektionieren?
Mit unserem Gegenüber ernsthaft „in Kontakt“ treten wir frühestens mit der Debatte. Zumindest sind wir in dieser zweiten Stufe in der Lage, andere Meinungen, Standpunkte und Fakten zu hören. In diesem Modus tun wir zwar widerlegende Informationen bemerken. Als Reaktion geht es dabei jedoch lediglich um das Ausdrücken und Verteidigen der eigenen Haltungen. Das Ziel, gegenseitig etwas dazu zu lernen, besteht nicht. Beliebtes Satzzeichen der Debatte ist das Ausrufezeichen.
Spannender wird es beim Dialog, der dritten Stufe. Trete ich in einen empathischen Dialog, bin ich bereit meiner Gesprächspartnerin aufmerksam und aktiv zuzuhören. Durch Neugierde geweckt, werden offene Fragen gestellt. Man erkundigt sich nach den unterschiedlichen Standpunkten, um etwas dazuzulernen. Beim Dialog sind wir dazu bereit, mit den Augen der Anderen zu sehen. Diese fühlen sich gehört und wahrgenommen.
Die höchste Stufe der Kommunikation ist jedoch das Presencing. Scharmer beschreibt es als den „schöpferischen Dialog“ oder als „ermöglichendes Zuhören“. Der Begriff selbst ist eine Kombination aus „sensing“ (erspüren) und „presence“ (Gegenwart).
Wenn Sie diese Stufe beherrschen, kennen Sie das Fließen der Kommunikation, das „gemeinsame Ringen um die beste Lösung“, den Zustand der Emergenz und den Moment, wenn im Gespräch etwas Neues entsteht. In dieser Stufe schauen wir gemeinsam auf den Gegenstand unserer Kommunikation und es spielt keine Rolle, wer was sagt — sondern nur, ob wir uns in der Sache weiterbringen. Hier kommen wir von einem reaktiven in einen co-kreativen Modus.
„Wie die Kommunikation gestaltet wird, bestimmt die Klugheit und Qualität eines Unternehmens“ (Domke & Granica, 2019).
Das Presencing, wie auch der Dialog, passieren nicht von alleine, sie müssen geübt und gefördert werden — mitunter eine der wichtigen Aufgaben guter Führung. Gute Kommunikation sollte das Herzstück jeder Zusammenarbeit sein. Denn, wo bitteschön steckt im Wissenszeitalter die Intelligenz einer Unternehmung?
Das Wissen hilft nichts, wenn wir es nicht aus den Köpfen rauskriegen. Dabei können, neben aufrichtigem Interesse, gute Fragen helfen. Und davon gibt es viele, viele, viele! Sie unterscheiden sich darin, ob sie zurückgreifen, nach vorne arbeiten, in die Tiefe gehen, Fantasie anregen oder auf den Punkt bringen sollen. Ganze Bücher wurden darüber geschrieben.
Um Ihnen einen meiner Lieblinge zu nennen, Achtung: „Inwiefern?“. Und Loriot dann so: „Ach, was!“.
Was ist Ihre Lieblingsfrage?
Quellenangaben:
Domke, U. & Granica, J. M. (2019). Mutig führen. Stuttgart: Schäffer-Poeschel Verlag.
Loriot (1988). Der Faun und sein Wunschtraum. Interview in Der Spiegel, 10. Zugriff am 28.03.2022 unter https://www.spiegel.de/kultur/der-faun-und-sein-wunschtraum-a-394c9e91-0002–0001-0000–000013526919
Scharmer, C. O. (2020). Theorie U — Von der Zukunft her führen. Heidelberg: Carl-Auer Verlag.
Zuerst erschienen: Am 28. März 2022 im Blog auf beratungsbuero-thomas.de